Center for Life Ethics
Schaumburg-Lippe-Straße 7
D-53113 Bonn
Modernistische Modelle von "Fortschritt" und "Entwicklung" haben sich nicht nur als ungeeignet erwiesen, der wachsenden Zahl globaler ökosozialer Bedrohungen zu begegnen; sie werden zunehmend als Teil des Problems angesehen. Insbesondere Stimmen aus dem globalen Süden kritisieren den "Developmentalismus" als ideologisches Dispositiv zur Universalisierung "westlicher" Weltanschauungen und Zukunftsvisionen und letztlich zur Legitimierung eines Systems (neo-)kolonialer Herrschaft über die Natur und einen Großteil der Menschheit. Die daraus resultierende Geopolitik des Wissens schließt systematisch subalterne (z. B. nicht-hetero-männliche, indigene, südliche) Perspektiven aus den offiziellen Diskursen über wünschenswerte Zukünfte und mögliche Lösungen für das aktuelle Multi-Krisen-Szenario aus.
Vor diesem Hintergrund sind wir an alternativen ontologischen, erkenntnistheoretischen, methodologischen, ethischen und politischen Ansätzen und Praktiken interessiert, die oft außerhalb oder an der Schnittstelle zu der akademischen Sphäre angesiedelt sind und eine transdisziplinäre Auseinandersetzung erfordern. Dabei müssen die "Anderen" als gleichwertig angesehen werden - ohne Kategorien des Andersseins zu verabsolutieren oder wissenschaftliches Wissen zu relativieren.
Indem wir der Idee eines Pluriversums koexistierender Welten folgen, konzentrieren wir uns auf die ontologischen, erkenntnistheoretischen und ethischen Dimensionen, die verschiedene Praktiken der Weltgestaltung mit sich bringen, sowie auf die unterschiedlichen Zukünfte, die aus diesen Praktiken hervorgehen können.
Unsere Fähigkeit, nachhaltige Lösungen für globale ökosoziale Bedrohungen zu finden, wird entscheidend davon abhängen, ob und wie wir unterschiedliche ethische Vorstellungen von menschlichem und nicht-menschlichem „Leben“, "Natur" oder "Umwelt" aushandeln und in unsere Projektionen möglicher, nachhaltiger Zukünfte zusammenführen. Dies erfordert die Anerkennung der Möglichkeit und der Legitimität anderer Sichtweisen und Welten bei allen Beteiligten.
Als Teil einer langfristigen Strategie zur Öffnung des gegenwärtigen Wissenschaftssystems für eine Vielzahl von Perspektiven auf globale Herausforderungen brachte dieser Internationale Workshop im Rahmen des Verbundprojekts „Towards Pluriversal Dialogues“ eine transdisziplinäre Gruppe von Expert:innen aus Lateinamerika und Deutschland mit Forscher:innen der Universität Bonn zusammen. Während einer ganzen Woche haben die Teilnehmer in pluriversalen Dialogen am Center for Life Ethics Erfahrungen und Ideen zu Umweltethik und Gestaltung von Zukünften jenseits modernistischer Modelle von "Entwicklung" ausgetauscht. Eine Reihe von Workshops bot Raum für das Experimentieren mit verschiedenen ko-kreativen, dialogischen und performativen Praktiken und Methoden aus der interkulturellen Umweltforschung und -bildung. Die Analyse dieser praktischen Erfahrungen aus verschiedenen kulturellen, sozialen, historischen und geopolitischen Blickwinkeln sollte wichtige Erkenntnisse über das Potenzial, die Durchführbarkeit und die Herausforderungen der Mobilisierung divergierender Perspektiven für die gemeinsame Erarbeitung sozial und ökologisch nachhaltiger Lösungen liefern.
Dieses Verbundprojekt und der Internationale Workshop wurde von einem Konsortium aus Forscher:innen verschiedener Institutionen der Universität Bonn (Center for Life Ethics, Global Heritage Lab, Zentrum für Entwicklungsforschung, Institut für Archäologie und Kulturanthropologie, Interdisziplinäres Lateinamerikazentrum) durchgeführt und steht in engem Zusammenhang mit dem durch den Argelander Research Grant der Universität Bonn finanzierten Projekt "Towards Pluriversal Dialogues”.
Schwerpunkt "Globalisierung"
Center for Life Ethics
Schaumburg-Lippe-Straße 7
53113 Bonn
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