Center for Life Ethics
Schaumburg-Lippe-Straße 7
D-53113 Bonn

 

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lifeethics@uni-bonn.de

01.Dezember 2022 - 01.Dezember 2025

Pluriversale Dialoge über Umweltethik: Wissenschaftliche Praxis dekolonialisieren, um Zukünfte jenseits von "Entwicklung" zu gestalten

Pluriversale Dialoge über Umweltethik: Wissenschaftliche Praxis dekolonialisieren, um Zukünfte jenseits von "Entwicklung" zu gestalten

Hintergrund

Modernistische Modelle von "Fortschritt" und "Entwicklung" haben sich nicht nur als ungeeignet erwiesen, der wachsenden Zahl globaler ökosozialer Bedrohungen zu begegnen; sie werden zunehmend als Teil des Problems angesehen. Insbesondere Stimmen aus dem globalen Süden kritisieren den "Developmentalismus" als ideologisches Dispositiv zur Universalisierung "westlicher" Weltanschauungen und Zukunftsvisionen und letztlich zur Legitimierung eines Systems (neo-)kolonialer Herrschaft über die Natur und einen Großteil der Menschheit. Die daraus resultierende Geopolitik des Wissens schließt systematisch subalterne (z. B. nicht-hetero-männliche, indigene, südliche) Perspektiven aus den offiziellen Diskursen über wünschenswerte Zukünfte und mögliche Lösungen für das aktuelle Multi-Krisen-Szenario aus.
Vor diesem Hintergrund sind wir an alternativen ontologischen, erkenntnistheoretischen, methodologischen, ethischen und politischen Ansätzen und Praktiken interessiert, die oft außerhalb oder an der Schnittstelle zu der akademischen Sphäre angesiedelt sind und eine transdisziplinäre Auseinandersetzung erfordern. Dabei müssen  die "Anderen" als gleichwertig angesehen werden - ohne Kategorien des Andersseins zu verabsolutieren oder wissenschaftliches Wissen zu relativieren.

 

Indem wir der Idee eines Pluriversums koexistierender Welten folgen, konzentrieren wir uns auf die ontologischen, erkenntnistheoretischen und ethischen Dimensionen, die verschiedene Praktiken der Weltgestaltung mit sich bringen, sowie auf die unterschiedlichen Zukünfte, die aus diesen Praktiken hervorgehen können.

 

Unsere Fähigkeit, nachhaltige Lösungen für globale ökosoziale Bedrohungen zu finden, wird entscheidend davon abhängen, ob und wie wir unterschiedliche ethische Vorstellungen von menschlichem und nicht-menschlichem „Leben“, "Natur" oder "Umwelt" aushandeln und in unsere Projektionen möglicher, nachhaltiger Zukünfte zusammenführen. Dies erfordert die Anerkennung der Möglichkeit und der Legitimität anderer Sichtweisen und Welten bei allen Beteiligten.

Fragestellung

Als Teil einer langfristigen Strategie zur Öffnung des gegenwärtigen Wissenschaftssystems für eine Vielzahl von Perspektiven auf globale Herausforderungen brachte dieser Internationale Workshop im Rahmen des Verbundprojekts „Towards Pluriversal Dialogues“ eine transdisziplinäre Gruppe von Expert:innen aus Lateinamerika und Deutschland mit Forscher:innen der Universität Bonn zusammen. Während einer ganzen Woche haben die Teilnehmer in pluriversalen Dialogen am Center for Life Ethics Erfahrungen und Ideen zu Umweltethik und Gestaltung von Zukünften jenseits modernistischer Modelle von "Entwicklung" ausgetauscht. Eine Reihe von Workshops bot Raum für das Experimentieren mit verschiedenen ko-kreativen, dialogischen und performativen Praktiken und Methoden aus der interkulturellen Umweltforschung und -bildung. Die Analyse dieser praktischen Erfahrungen aus verschiedenen kulturellen, sozialen, historischen und geopolitischen Blickwinkeln sollte wichtige Erkenntnisse über das Potenzial, die Durchführbarkeit und die Herausforderungen der Mobilisierung divergierender Perspektiven für die gemeinsame Erarbeitung sozial und ökologisch nachhaltiger Lösungen liefern.

Forschungsziele

  • Analyse ontologischer Vorstellungen von menschlichem und nicht-menschlichem Leben, von Zeit und Raum sowie unterschiedlicher Umweltethiken und der Art und Weise wie diese bestimmte Wissenspraktiken beeinflussen
  • Reflexion darüber, wie solche Ansätze in die Umwelt- und Entwicklungsforschung, die Lebensethik und die Kultur- und Heritage-Forschung einfließen können
  • Erforschung des Potenzials pluriversaler Dialoge als Methode zur Entkolonialisierung von Forschungspraktiken für eine Zukunft jenseits konventioneller Entwicklungsmodelle
  • Identifizierung und Weiterentwicklung von Methoden und Kommunikationstechniken für Forschung und Bildung zu sozio-ökologischen Herausforderungen auf der Grundlage pluriversaler Dialoge zwischen verschiedenen disziplinären, positionalen und kulturellen Perspektiven
  • Bewertung und Validierung des potenziellen Nutzens der Anwendung pluriversaler Dialoge in der Umweltbildung und -forschung an der Universität Bonn

 

Dieses Verbundprojekt und der Internationale Workshop wurde von einem Konsortium aus Forscher:innen verschiedener Institutionen der Universität Bonn (Center for Life Ethics, Global Heritage Lab, Zentrum für Entwicklungsforschung, Institut für Archäologie und Kulturanthropologie, Interdisziplinäres Lateinamerikazentrum) durchgeführt und steht in engem Zusammenhang mit dem durch den Argelander Research Grant der Universität Bonn finanzierten Projekt "Towards Pluriversal Dialogues”.

Projektleitung

Schwerpunkt "Globalisierung"


Jan Linhart

Kontakt

Standort

Center for Life Ethics

Schaumburg-Lippe-Straße 7

53113 Bonn

Organisierendes Konsortium
  • Prof. Dr. Christiane Woopen, Hertz-Lehrstuhl an der TRA 4, Mitglied der TRA 6, Direktorin des Center for Life Ethics
  • Prof. Dr. Paul Basu, School of Anthropology & Museum Ethnography, Oxford University
  • Dr. Eva Youkhana, Zentrum für Entwicklungsforschung 
  • Dr. Alejandro Mora Motta, Global Heritage Lab, Mitglied der TRA 5
  • Dr. Dennis Aviles, Zentrum für Entwicklungsforschung
  • Dr. Antje Gunsenheimer, Abt. Anthropologie der Amerikas, Mitglied der TRA 6
  • Emilia Fernengel, Global Heritage Lab, Mitglied der TRA 5
  • Jan Linhart, Center for Life Ethics, Mitglied der TRA 4 
Teilnehmer*innen/Refent*innen
  • Dr. Lui Fernando Sarango Macas (Pluriversität Amawtay Wasi (Rektor), Ecuador)
  • Dr. Pablo de la Cruz (Fundacion Gaia - Amazonas)
  • Dr. Yilson Betrán-Barrera (Nationale Universität von Kolumbien)
  • Dr. Guillermo Pacheco Habert (Universidad Austral de Chile; Universidad de Osorno, Chile)
  • Dr. Nikolaus von Stillfried (Paradox Science Institute; Universität Trier)
  • Abelardo Ramos (Universidad Autónoma Intercultural Indígena (UAIIN) / Consejo Regional Indígena del Cauca (CRIC), Kolumbien)
  • Marcia Mandepora (Universidad Indígena Boliviana (UNIBOL) Guarani (ehemaliger Rektor) / Plurinationales Institut für das Studium von Sprachen und Kulturen, Bolivien)
  • Gabriel Llanquinao (Katholische Universität von Temuco) 
  • Claudia Palechor (Universidad Autónoma Intercultural Indígena (UAIIN) / Consejo Regional Indígena del Cauca (CRIC), Kolumbien)
  • Francisca Elias Canás (Dozentin für zweisprachige Erziehung, Guatemala)
  • Cornelio Molina (Nationales Institut für indigene Völker (INPI), México)
  • Fritz Letsch (Theaterpädagogik) 
  • Ruth Sanders (Politik im Raum)
Finanzierung
  • Argelander Forschungsstipendium, Universität Bonn, Deutschland
  • Transdisziplinäre Forschungsbereiche 4 und 5, Universität Bonn, Deutschland
  • Gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen (MKW) im Rahmen der Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder
  • Center for Life Ethics, Universität Bonn, Deutschland
     
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