Center for Life Ethics
Schaumburg-Lippe-Straße 7
D-53113 Bonn
Robert Reich beschreibt in dem Bestseller „Superkapitalismus“ anschaulich, wie ein Wachstumsparadigma alle Wirtschaftsakteure auf lokalen, nationalen und globalen Märkten aus unterschiedlichen Gründen in einem Gefangenendilemma bindet, indem jede und jeder versucht, alle anderen Marktteilnehmer*innen im Konkurrenzkampf zu übertreffen. Diese Dynamik bedroht den Bestand natürlicher Ressourcen und die Biodiversität, sie bietet Anreize für klimaschädliche Verhaltensmuster und sie befördert soziale Konflikte. Alternative Wirtschaftspolitiken und alternative Wirtschaftssysteme skizzieren eine gesellschaftliche Transformation aus der beschriebenen Dynamik heraus, indem sie „nicht nachhaltige“ Wirtschaftsprodukte in Form von Konsumgütern, Nebenprodukten, Abfall und Verhaltensmustern quantitativ erfassen (z. B. Folgekosten, CO2-Äquivalente). Von diesen Werten ausgehend werden alte Anreizstrukturen, welche die identifizierten Produkte fördern, wahlweise ordnungspolitisch durch neue ersetzt (z. B. CO2-Steuer, Umweltauflagen, Lieferkettengesetz) oder sie werden durch normative Prinzipien oder soziale Trends umgedeutet (z. B. Flugscham, Minimalismus-Trend, Second-Hand-Trend) oder sie werden wirtschaftlich um neue Attribute ergänzt (z. B. Produktlabel, CO2-Zertifikate-Handel). Wie valide sich nachhaltige Eigenschaften von Produkten, Produktzyklen und Verhaltensweisen messen lassen und wie sich auf der Grundlage dieser Daten der Geltungsanspruch konkreter politischer Maßnahmen, wirtschaftlicher Ansprüche und sozialer Transformationsbestrebungen legitimieren lässt, wird in der Forschung kontrovers diskutiert. Das Seminar widmet sich Texten zu genau diesem epistemischen und normativen Konflikt.
Lehrperson: Dr. Sebastian Müller
Zeit: Dienstags, 10:15–11:45 Uhr, 15.10.2024–28.01.2025
Ort: Center for Life Ethics, Schaumburg-Lippe-Str. 7, 53113 Bonn (Zugang nicht barrierefrei!)
Menschen leben unter Menschen, Elefanten unter Elefanten und Zebras unter Zebras. Nicht so selbstverständlich aber dennoch alltäglich sind artübergreifende, oft symbiotische Beziehungen wie die von Madenhackern, die Huftiere von lästigem Ungeziefer befreien, oder Hunden, die Menschen in vielfacher Weise unterstützen. Doch dies ist nur ein winziger Ausschnitt der hochkomplexen Beziehungen unterschiedlicher Lebewesen und Lebensformen zueinander. Sie stellen und teilen gemeinsame Lebensräume, leben in friedlicher Koexistenz oder bejagen sich, arbeiten kooperativ zusammen oder beuten sich gegenseitig aus, sind abhängig voneinander und den sie umgebenden Ökosystemen – oder sie zerstören die gemeinsame Lebensgrundlage aller. Damit ist vor allem die Spezies Mensch adressiert, die mit ihrem Vorsprung durch Technologien großen Anteil am katastrophalen Zustand der gesamten Biosphäre nimmt. Zugleich zeichnen sich technologische Entwicklungen ab, um die Mensch-Tier-Beziehung oder Mensch-Umwelt-Beziehung im Hinblick auf eine Überwindung des anthropozentrischen Speziesismus zugunsten von sogenannten Multispezis-Gemeinschaften zu verbessern. Im Seminar erarbeiten die Studierenden die philosophischen Grundlagen von Multispezies-Gemeinschaften. Schwerpunkte liegen dabei auf den ontologischen Voraussetzungen, ethischen Herausforderungen und technologischen Möglichkeiten des Zusammenlebens in Multispezies-Gemeinschaften.
Lehrperson: Peter Bröckerhoff, M. A.
Zeit: Mittwochs, 12:15–13:45 Uhr, 09.10.2024–29.01.2025
Ort: Center for Life Ethics, Kreativraum (Zugang nicht barrierefrei!)
Existenzielle Bedrohungen des sogenannten Anthropozäns und tektonische Verschiebungen in den geopolitischen Machtverhältnissen stellen den Universalitätsanspruch der modernen Wissenschaften zunehmend in Frage. Es mehren sich Rufe nach einer Welt in der viele Welten gleichberechtigt koexistieren. In einem solchen „Pluriversum“ haben Universalitätsansprüche jeglicher Couleur keinen Platz mehr. Vielmehr wird ein gleichberechtigter, pluriversaler Dialog zwischen divergierenden Wissens- bzw. Kosmopraktiken darüber angestrebt, welche möglichen Welten und Zukünfte aus unterschiedlichen onto-epistemo-ethischen Perspektiven sichtbar werden, als mehr oder weniger wünschenswert erscheinen und durch welche Kosmopraktiken sie hervorgebracht werden.
In diesem Beitrag nähern wir uns der Frage, wie ein solcher Pluriversaler Dialog aussehen könnte und welche Chancen und Herausforderungen sich hieraus ergeben.
Dieser Vortrag ist Teil der interdisziplinären Ringvorlesung des ILZ: Zukunft pluriversal denken: Visionen, Zeitlichkeiten und neue Räume // Entre futuros: visiones pluriversales, temporalidades y nuevos espacios
Lehrperson: Dr. Jan Linhart
Zeit: 05.11.2024, 18:15 - 19:45
Ort: Universität Bonn, Hauptgebäude, Hörsaal XII , 53111 Bonn
Immer wieder heißt es, wir als Bürger*innen einer liberalen Demokratie müssten im Gespräch bleiben, uns gegenseitig zuhören, Verständnis füreinander aufbringen. Doch unter welchen Bedingungen dies der Fall sein kann, wird kaum besprochen. Unter welchen Bedingungen lässt sich überhaupt erst vernünftig diskutieren? Und wann eben nicht mehr?
Die seit den 1960er Jahren von Karl-Otto Apel und Jürgen Habermas entwickelte Diskursethik versucht, auf diese diffizile Frage eine rigorose philosophische Antwort zu geben. In Rekurs auf den amerikanischen Pragmatismus sowie die kantische Transzendentalphilosophie entwickeln beide Denker im Austausch miteinander eine Ethik, welche den Nachweis zu erbringen versucht, dass wir als sprachliche Wesen immer schon eine intersubjektive Geltung ethischer Normen annehmen müssen. Macht man sich das bewusst, lässt sich ein fairer Diskurs vor einem idealen Hintergrund konstruieren und realiter gestalten.
Wie das genau funktioniert, schauen wir uns im Seminar an. Dabei werden wir erst auf die Vorläufer der Diskursethik eingehen, uns dann mit Karl-Otto Apels Transzendentalpragmatismus sowie Jürgen Habermas' diskursethischer Moraltheorie befassen, um gegen Ende einige im aktuellen Diskurs vertretene Beispiele der Diskursethik kennenzulernen wie bspw. die feministische Diskursethik Benhabibs.
Lehrperson: Nicolas Knecht, M. A.
Zeit: Freitags, 12:15–13:45 Uhr, 11.10.2024–30.01.2025
Ort: Heinrich-von-Kleist-Str. 22-28, Raum 0.008, 53113 Bonn
Lehrperson: Dr. Jan Mehlich (mitwirkend)
Zeit: Dienstags und Mittwochs, 10:15–12:45 Uhr, 15.10.2024–29.01.2025
Ort: Nussallee 19, ILR, Seminarraum, 53113 Bonn
Lehrperson: Julia Braun
Zeit: Mittwochs, 12:15–13:45 Uhr, 16.10.2024–29.01.2025
Ort: Juridicum, Hörsaal M, 53113 Bonn
Freiheiten erlauben es uns, unser Leben nach unseren Wünschen und Überzeugungen zu gestalten und uns in unterschiedlichster Weise zu entfalten. Zudem ermöglichen sie wichtige gesellschaftliche Prozesse und Funktionen.
Andererseits sind Freiheiten nicht grenzenlos, sondern finden ihre Schranken in den Rechten anderer Betroffener. Zudem ist ihre Garantie nicht immer von Dauer: Ihre Reichweite und Ausgestaltung können einem Wandel unterliegen, häufig sind sie auch gezielter politischer Unterdrückung oder verschiedensten anderen Bedrohungen ausgesetzt.
Doch was bedeuten Freiheiten überhaupt, woher kommen sie und welchem Zweck dienen sie jeweils? Wie weit reichen sie und wie sind sie gegen andere Freiheiten abzuwägen? Wie können sie trotz vielfältiger Veränderungen und angesichts von Bedrohungen gewahrt werden?
In dieser Veranstaltung werden wir zunächst jeweils die ethischen und rechtlichen Grundlagen verschiedener Freiheiten beleuchten und ihre Bedeutung, Herkunft, derzeitige Garantie sowie mögliche Herausforderungen aufzeigen. Zusammen mit Experten aus der Praxis und in einer Exkursion ergründen wir die Bedeutung von Freiheiten für unser tägliches Leben. Im Anschluss diskutieren wir jeweils gemeinsam, was Freiheiten konkret für uns ausmachen, wie wir sie leben und zukünftig leben wollen und wie wir für ihre nachhaltige Wahrung sorgen können.
Lehrpersonen: Prof. Dr. Christiane Woopen/Dr. Björn Schmitz-Luhn
Zeit: Dienstags, 14:15–15:45 Uhr, 15.10.2024–28.01.2025
Ort: Center for Life Ethics, Schaumburg-Lippe-Straße 7, 53113 Bonn (Zugang nicht barrierefrei!)
Anmeldung: bitte hier klicken
Gemeinsam mit Expert*innen gehen wir auf eine DenkReise zu einer ethisch fundierten Gestaltung von wünschenswerten Zukünften in unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen. Im Haus für junges Denken des Center for Life Ethics stellen Expert*innen aus Wissenschaft und Gesellschaft ihre Forschung und ihre Ideen zur Diskussion. Am Ende des Semesters folgt nach den Reisen im Denken eine gemeinsame Reise als Exkursion zu einem thematisch einschlägigen Ort.
Lehrpersonen: Prof. Dr. Christiane Woopen/Dr. Björn Schmitz-Luhn
Zeit: Mittwochs, 14:15–15:45 Uhr, 16.10.2024–15.01.2025
Ort: Center for Life Ethics, Schaumburg-Lippe-Straße 7, 53113 Bonn (Zugang nicht barrierefrei!)
Anmeldung: bitte hier klicken
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